Prof. Dr.-Ing. Eric Sax: "Zu viel Datenschutz hemmt Digitalisierung"
on Konrad Zuse, Konstrukteur des weltweit ersten im Jahr 1941 vorgestellten funktionsfähigen Universalrechners Z3, bis zu den heute möglichen digitalen Anwendungen spannte Prof. Dr.-Ing. Eric Sax den Bogen bei seinem Vortrag im Rossi-Haus auf Einladung des CDU-Ortsverbandes Rastatt-Stadt.
Der in Rastatt wohnhafte Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Direktor am Forschungszentrum Informatik (FZI) zeigte unter anderem am Beispiel der Automobilentwicklung auf, welche Bedeutung die Digitalisierung in modernen Fahrzeugen hat. Allein beim Richtungsblinken einer S-Klasse seien sechs Steuergeräte beteiligt, so der Wissenschaftler.
Bereits im Jahr 2016 sei der erste Mercedes-Bus mit Autopilot durch Amsterdam gefahren, berichtete Eric Sax. Der hohe wirtschaftliche Wert dieser computerbasierten Lösung lasse sich schon allein daran erkennen, dass bis zu zwei Drittel der Kosten des Busbetriebs auf den Fahrer entfallen. Mithilfe von Digitalisierung und Informatik sei es aber auch möglich, Auffälligkeiten, Häufungen und Muster von Unfällen zu identifizieren, was für die Versicherungsbranche von Interesse sei. Ein weiteres Beispiel von vielen: Auch das Einkaufsverhalten könne präzise untersucht werden. So habe beispielsweise der US-Konzern Walmart durch die Auswertung digitaler Daten herausgefunden, dass viele Männer auch Bier kaufen, wenn sie in den Supermarkt gehen, um Windeln zu besorgen.
In seinem Vortrag führte Eric Sax auch die Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung vor Augen. Denn in der Praxis gibt es Situationen, in denen die Technik (noch) überfordert ist. So sorgten zum Beispiel bei der ersten automatisierten Fahrt mit einem Serienfahrzeug ein paar zufällig nahe einem Zebrastreifen stehende Personen dafür, dass das Auto stoppte und die Weiterfahrt verweigerte, obwohl die Fußgänger gar nicht die Straße überqueren wollten.
Eine der größten Herausforderungen für den Einsatz von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) ist laut Eric Sax jedoch nicht technischer Natur. „Zu viel Datenschutz hemmt die Digitalisierung“, betonte er. Im internationalen Vergleich hinke Deutschland speziell auch hinter dem Wettbewerb aus Fernost zurück. Sorgen bereite ihm zudem die seit Jahren rückläufige Zahl von Studienanfängern im Bereich Ingenieurwesen, so der Professor. Hinzu komme, dass beispielsweise in China unter anderem deutsche Topmanager tätig seien, die in ihrem Heimatland in den Ruhestand verabschiedet wurden. „Wir müssen es deshalb schaffen, dass junge Leute begreifen, dass wir durch Inventionen und Innovationen unsere Schöpfung bewahren können“, unterstrich Eric Sax. Nur wenn es gelinge, die großen anfallenden Datenmengen wertschöpfend zu interpretieren, sei man in der Lage, in den Bereichen Klima, Mobilität, Gesundheit und Energie die richtigen Weichen zu stellen.
Diesem Appell schloss sich bei der Veranstaltung im Rossi-Haus Dr. Alexander Becker an. Digitalisierung und Technik seien die Antwort auf die Klimakrise, so der CDU-Landtagsabgeordnete. Dass die europäische Datenschutz-Grundverordnung die Arbeit der Wissenschaftler behindere, sei aber nicht der EU anzulasten, sondern der Umsetzung durch Deutschland. Auf politischer Ebene müsse deshalb daran gearbeitet werden, einen Weg zu finden, um die Sicherheit der Daten zu garantieren und dennoch schneller voranzukommen, damit Deutschland weiter gute Chancen habe. Von einem durch die DSGVO bedingten „engen Korsett“ sprach auch Bürgermeister Raphael Knoth. Die Stadtverwaltung sei denn auch nur in der Lage, die Digitalisierung in kleinen Schritten umzusetzen.
Nach seinem Referat beantwortete Eric Sax noch zahlreiche Fragen aus dem Zuhörerkreis. Lang anhaltender Beifall dankte ihm für eine ebenso spannende wie unterhaltsame Reise durch die mehr als 80-jährige Geschichte der Digitalisierung. „Alles kommt viel, viel langsamer, als wir vielleicht gedacht haben“, so der KIT-Professor, der viele Themen nur anreißen konnte. Am Ende sagte ihm Jürgen Wahl im Namen des gesamten Vorstands des CDU-Ortsverbandes Rastatt-Stadt ein herzliches Dankeschön für den hochkarätigen, sehr gut besuchten Vortrag.